Ergebnisse zum Ernteverfahren und Prognose
Die Untersuchungsgebiete sollen verschiedene Expositionen und Bodenverhältnisse widerspiegeln. Aus forstlicher Sicht sind sie gleichzeitig als Problemstandorte zu bezeichnen, da es sich vorrangig um Steilhänge handelt, die in der Vergangenheit nur notdürftig behandelt wurden, stets hohe Kosten verursacht haben und aus Sicht der Verkehrssicherheit sehr problematisch sind.
Die Zusammenarbeit mit dem Holzeinschlagsunternehmen in der Methodik der Holzernte und der damit zusammenhängenden Logistik, führte zu produktiveren Arbeitsverfahren. Besonders hervorzuheben ist die Kombination von manueller und maschineller Holzernte. Mit dem Einsatz der Erntemaschine (Harvester), die im befahrbaren Bereich eingesetzt wurde, konnte ein kontrolliertes Fällen der Randbäume durchgeführt werden. Gleichzeitig sank das Gefahrenpotential für die Forstwirte erheblich.
Eine weitere Verbesserung ließ sich dadurch erzielen, dass die außerhalb des Wirkungsfeldes des Harvesters zu fällenden Bäume lediglich manuell zugefällt wurden, um dann mit dem Seil in die Reichweite des Harvesters vorgeliefert werden zu können. Der Harvester konnte die teilweise unter erheblicher Spannung stehenden Bäume gefahrlos entzerren und aufarbeiten.
Stand der Arbeiten
Mit Ablauf des Holzeinschlages im Winter 2009/2010 wurden alle forstlichen Holzeinschläge bedingt durch die extremen Witterungsverhältnisse in einem nur sehr knappen Zeitfenster durchgeführt. Dies galt nicht nur für die Holzernte, sondern gleichzeitig für die Pflanzung der Zielbaumarten.
Das Vorgehen nach Bestandesalter
Holzmobilisierung, Verkehrssicherung und Waldrandgestaltung während der Maßnahme. Foto: H. Gockel
Holzmobilisierung, Verkehrssicherung und Waldrandgestaltung nach der Maßnahme. Foto: H. Gockel
Die Umsetzung waldbaulicher Maßnahmen hängt in erster Linie vom Alter und der Exposition der Bestände ab. Auf jeden Fall soll eine möglichst große Vielfalt in der Struktur und Artenzusammensetzung der Pflanzen erreicht werden, die eine ebenso artenreiche Tierwelt nach sich ziehen wird. Die angedachten Varianten der Waldaußen- und Innensaumgestaltungen stellen sich in Abhängigkeit vom Bestandesalter wie folgt dar:
Altbestände liefern pro 100 lfd. m Waldrand etwa 100 fm Derbholz. Die Randbäume werden bis auf einzelne "vollkronige", vitale Einzelstämme entnommen, die auf jeden Fall rundherum freigestellt werden, um ein gesundes Wachstum der Seitenäste zu gewährleisten. Jüngere Zwischenstände werden erhalten und gefördert. Sie sollen die nächste Generation einleiten. Da gleichzeitig der Bestockungsgrad des 15 bis 20 m breiten Saumes reduziert wird können Strauch- und konkurrenzschwache sowie seltene Baumarten Entwicklungsmöglichkeiten finden.
Junge und mittelalte Bestände stellen je nach Alter und Vorrat der Bestände unterschiedlich hohe Holzmassen bereit. Wie in den Altbeständen ist auch in den jungen Beständen eine möglichst frühe Stabilität einzelner Individuen anzustreben. Nach der Auswahl sogenannter "Zukunftsbäume", die einen Mindestabstand von 12 m haben sollten, hat eine rigorose Freistellung zu erfolgen. Auf diese Weise können sich auch hier in den Zwischenräumen natürlich ansamende Baum- und Straucharten etablieren.
Die jungen Bestände sind dann besonders geeignet, wenn Edellaubbaumarten wie Ahorn, Esche, Kirsche oder auch seltene Baumarten wie Elsbeere oder dergleichen vorhanden sind, die dann im sogenannten Lichtwuchsbetrieb in kurzer Umtriebszeit genutzt werden können.
Historische Wirtschaftsform
Interessant dürfte auch die Nutzung in der Art historischer Betriebsformen sein. Hierbei wird der Waldrand auf eine Tiefe von etwa 30 m als Mittelwald genutzt, bei dem die "Überhälter" der Wertholzproduktion dienen. In Kombination mit dem auf den Stock zu setzenden Unterstand kann Brennholz erzeugt werden. Die Einzelbäume können somit einen wesentlich höheren Zuwachs erreichen und zur Steigerung des Wirtschaftsergebnisses beitragen. Auch klassische Baumarten der Nieder- und Mittelwaldnutzung wie Eiche, Hainbuche und Linde können so eine Renaissance erfahren und zur ökologischen Vielfalt beitragen. Die mittel- und langfristige Nutzung des Energieholzes an befahrbaren Waldsäumen kann in der Folge mit modernen Erntemaschinen rationalisiert werden.
Multifunktionale Waldwirtschaft
Die zuvor nur beispielhaft genannten Möglichkeiten der Mobilisierung von Holzmassen speziell für die Energie- und Industrieholzvermarktung ergeben für die Praxis ein vielseitiges Betätigungsfeld mit dem die Funktionen, die der Wald zu erfüllen hat, gleichzeitig optimiert werden können. Im Einzelnen sind dies:
- Die Erfüllung der Nutzfunktion durch Mobilisierung und Vermarktung von Holzmassen als zusätzliche Einnahmequelle.
- Die Gewährleistung der Verkehrssicherungspflicht, indem die gefährdenden Randbäume, die in der Regel nur einseitig bekront sind und häufige Totastbildungen aufweisen, entnommen werden und mittel- bis langfristig durch das stabile Heranziehen vitaler Einzelbäume ersetzt werden.
- Die Schutzfunktionen, die der Waldsaum in erster Linie für die Stabilität der anschließenden Bestände darstellt, werden durch eine saumartige Gestaltung des Übergangs zwischen Wald und Offenland in dieser Weise optimal realisiert.
- Der steigenden Bedeutung der Erholungsfunktion des Waldes wird durch die sich entwickelnde Artenvielfalt – sowohl floristisch als auch faunistisch – in optimaler Form Rechnung getragen.
- Es dürfte außer Frage stehen, dass die Waldbesitzer mit der derartigen Gestaltung von Waldaußen- und Waldinnensäumen einen ganz wesentlichen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt und somit zum Naturschutz beitragen.
- Nicht zuletzt wird sich der Erholungssuchende an der ästhetischen Vielfalt der Waldränder erfreuen können.
- Die ansonsten kostspielige Beseitigung des Überhangs, die aus verschiedenen Gründen gefordert wird, gehört schließlich auch der Vergangenheit an.
Die aufgezeigten Beispiele der Mobilisierung der Holzreserven im Waldrandbereich stellen somit eine Optimierung der Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktionen des Waldes dar. Im "Kielwasser" wird dem Naturschutz und der Verkehrssicherung Rechnung getragen. Inwieweit hiefür die Anerkennung von Ökopunkten erreicht werden kann, ist noch zu klären.
Zusammenfassung
- Arbeitstechnische Verbesserungen ergeben sich aus dem kombinierten Verfahren der Holzernte indem größtenteils maschinell aufgearbeitet wird. Nicht erreichbare Bäume werden manuell gefällt und dem Harvester zur Aufarbeitung per Seil vorgeliefert.
- Hiermit verbunden ist gleichzeitig die Herabsetzung der Unfallgefahr für die Waldarbeiter.
- Auf keinen Fall sollten die Maßnahmen den Eindruck eines Kahlschlages hinterlassen. Fingerspitzengefühl und Verantwortungsbewusstsein mit hohem Engagement des Revierbeamten sind gefragt. Dies bezieht sich einerseits auf das Auszeichnen der Bestände und andererseits auf die wertschöpfende Aushaltung des angefallenen Holzes.
- Erste Priorität hat die Standfestigkeit der verbleibenden Baumarten. Dann gilt es, die Zielbaumarten zu erhalten und landschaftsprägende Elemente heraus zu stellen. Sträucher sollen grundsätzlich erhalten werden.
- Eine Pflanzung der Zielbaumarten in der vorgenommenen Weise von 5 Stück pro Gruppe, aus denen letztlich einer herausgepflegt wird und in einem Abstand von ca. 12 Metern angelegt wird, scheint zuviel des Guten zu sein. Die Ausfälle sind so gering, dass maximal 3 Stück vielleicht auch nur Einzelbäume ausreichen.
- Die Zwischenflächen sollten, wenn nicht anders begründet, zum Zwecke der natürlichen Sukzession unbepflanzt bleiben.
- Weitere Vorteile ergeben sich aus der Erhöhung der Artenvielfalt, des Erholungswertes, der Nutzung regenerativer Energiequellen (Klimaerwärmung) usw.
Fazit
- Naturschutz und Verkehrssicherung sind keine Kostenfaktoren mehr, sondern gehen Hand in Hand mit betriebswirtschaftlichem Gewinn.
- Seltene Baumarten werden gefördert und ihr Genpool gesichert, die Artenvielfalt erhöht.
- Brennholz substituiert fossile Energieträger.
Auch die Resonanz des Naturschutzes ist positiv. Das Regionalforstamt Hochstift (Bad Driburg) arbeitet gemeinsam mit der Landschaftsstation im Kreis Höxter (Borgentreich) und dem Kooperationspartner, der Gesellschaft für nachwachsende Rohstoffe, an einem von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung in Bonn finanziell geförderten Forschungsprojekt "Mittelwaldähnliche Waldrandgestaltung".